Zwischen Buddhas und Yogis
Von Blaulichtern und Affen
In Kanpur angekommen, wurden wir von zwei Bediensteten der Familie in einem Jeep mit Blaulicht auf dem Dach abgeholt. Ich hatte alles erwartet, aber sicherlich nicht ein Auto mit weißen Gardinen und frottee-bezogenen Sitzen.
Da Max von Delhi aus sein Motorrad per Zug vorausgeschickt hatte, mussten wir diese vorher noch aus der 'Bahnhofsmission' auslösen, was auch bedeutete, dass ich alleine auf der Rückbank des Botschafterwagens platznehmen musste.
Kanpur ist nicht unbedingt der typische Touristenort, weswegen ich als offensichliche Europäerin die Ausmerksamkeit der kompletten Stadt auf mich zu ziehen schien. Schnell bildeten sich kleine Grüppchen, die sich ob des blonden Mädchens doch sehr wunderten und belustigt und neugierig herüberlugten. Jetzt weiß ich definitiv, wie sich der Affe im Zoo fühlt, wenn sich den ganzen Tag die Kinder die Nase an der Scheibe platt drücken um einen Blick auf den Exoten zu erhaschen.
Das folgende Video zeigt einen kurzen Teil des Weges vom Bahnhof in Kanpur ins Familiendomizil.
Zuggeschichten
Nach einem kurzen, aber doch eindrucksvollen Aufenthalt in Delhi wird die Reise per Zug weiter nach Kanpur gehen, etwas weiter im Osten des Landes. Die Tickets für den Zug müssen bereits im Voraus gebucht werden, da hier in Indien nicht mehr Leute an Bord gelassen werden, als Sitzplätze vorhanden sind. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn, hat man hier eine Garantie, dass man bequem reisen wird.
Per Taxi geht es bereits um 04:00 Uhr los zum Bahnhof, auf dem Weg dorthin fahren wir an sämtlichen Landesvertretungen vorbei, die jeweils strengst bewacht rechts und links des Weges liegen. Am Bahnhof angekommen buckeln wir unser Gepäck die Treppen hoch und machen uns auf die Suche nach dem richtigen Gleis. Allerdings kann man sich das gepäck auch tragen lassen. Die Träger sind alle ungefährt 1,20m und können alle Taschen und Koffer auf einmal tragen, gerne auch auf dem Kopf.
Am Bahnsteig selbst, macht man sich dann auf die Suche nach einem Aushang, auf dem man dann seinen Namen finden muss. Auf dem Zettel findet man nun den Platz, auf dem man die Reise verbringen muss. Reist man nicht alleine, ist allerdings nicht garantiert, dass man nebeneinander sitzen kann – da sollte man sich dann auf die Freundlichkeit der Mitreisenden berufen.
Während der Zugfahrt werden mehrfach Tee mit Keksen gereicht und zur Frühstückszeit auch eine komplette Mahlzeit. Man wird allso rundum gut betreut und es werden sogar Zeitungen ausgeteilt, um die Reise mit etwas Lesestoff zu verkürzen. Und das benötigt man manchmal auch, da die Züge nicht selten aufgrund des Nebels langsamer fahren müssen und sich dadurch verspäten. Da man aber hier meist nicht umsteigen muss, sondern von A nach B durchfahren kann, ist die Verzögerung nur für die zusteigenden Gäste etwas ärgerlich.
Rickshaw fahren in Delhi
Während unseres Aufenthaltes in Delhi ist neben der Metro, auch die Rickshaw ein gängiges Fortbewegungsmittel. Wer bei diesen Fahrten allerdings schwache Nerven hat, sollte sich die Reise nach Indien noch einmal sehr gut überlegen. Im Straßenverkehr hier gibt es im Grunde keine Regeln – friss oder stirb und der Schnellere gewinnt ist das einzige Motto, nach dem hier alle fahren. Und natürlich sollte man immer eine Hand auf der Hupe haben, anstatt des Blinkers wohl die beliebteste Funktion eines jeden Vehikels hier. Blinker, Spiegel und das Einhalten von Fahrbahnen (soweit vorhanden) wird als überbewertet erachtet. Wer das erste Mal im indischen Verkehr unterwegs ist, wird alle bisher bekannten Regeln ablegen müssen, um irgendwie voran zu kommen. Schüchternheit verliert, Frechheit siegt, also einfach drauf losfahren!
Das Video unten soll einen kleinen Eindruck davon vermitteln, wie es im abendllichen Verkehr der Hauptstadt zugeht. Wenn man denn dann einen Fahrer gefunden hat, der zu einem akzeptablen Preis einschlägt, geht es ab. Was die Preise für die Fahrten angeht, so ist alles möglich und man sollte gut verhandeln. Grundsätzlich müssen Ausländer immer mehr bezahlen und 'mehr' heißt auch gerne mal ein vielfaches von dem, was ein Inder bezahlen muss. Daher haben wir beide uns auch auf die Taktik verlegt, dass Max einen Preis aushandelt und ich mich solange unsichtbar mache, bis alles geklärt ist. Wenn der Preis stimmt, kann sich der Fahrer nicht mehr gegen das weiße Mädchen wehren. Diese Vorgehensweise hat uns nicht nur einmal einen sehr bösen Blick und einige spöttische Worte eingebracht. Geklappt hat es aber trotzdem ;-)
Bahnhofsregeln
Sicher in Delhi angekommen, haben wir uns auf dem Weg gemacht, die Stadt etwas zu erkunden. Eines der kleinen, lustigen Details, das wir auf dem Weg entdeckt haben, war das Regelschild an der Metrostation. Beipielsweise muss man eine Strafe bezahlen, sollte man dabei erwischt werden, AUF dem Zug zu sitzen.
Angeschnallt und abgehoben
Die erste Wegstrecke meiner Reise habe ich bereits hinter mich gebracht. Der Flug von Rom nach Dubai verlief ruhig und ohne nennenswerte Vorkommnisse. Mittlerweile habe ich mich durch die erneuten Sicherheitskontrollen gewurstelt und mich zu den Zügen vorgekämpft, die hier zu den jeweiligen Gates anfahren. Der perfekte Ort, um einen Moment innezuhalten und die sich vorbeiwälzenden Menschenmassen zu begutachten. Eine der Emirates Damen läuft an mir vorbei und schenkt mir ein bezauberndes Lachen. Der Schal, der sich aus ihrem Hütchen heraus über das rechte Ohr und dann zweimal um den Hals legt, würde mich wahnsinnig machen – aber natürrlich sehr chick. Ein Gate Zug kommt in dem Augenblick an und eine größere Truppe ergießt sich in die marmorne Vorhalle. Ein Grüppchen älterer Frauen, alle in strahlendem Weiß gekleidet hangelt sich zwischen den andern Ankömmlingen hindurch und geht zielstrebig auf die Passkontrolle zu. Ihnen entgegen kommt eine ca. 20-köpfige Familie, die Frauen allesammt in schwarze Burkas gehüllt, die an den Ärmeln künstlerisch bestickt sind. Eine rauchige Damenstimme haucht eine Durchsage auf Arabisch in die Lautsprecher der Halle. Ein Sicherheitsbeamter huscht im Laufschritt an meinem Aussichtsplatz vorbei. Dann wird mir einem mal das Klappern von hohen Ansätzen auf dem polierten Boden hörbar und eine junge Blondine stakst etwas unbeholfen vorbei – es ist ihr merklich anzusehen, dass sie die Wahl des Schuhwerks bereits vor Stunden mehr als nur bereit hat. Mit einem leisen Bing öffnet sich hinter mit die Aufzugtür und eine dünne Chinesin hüpft zwischen den Türen hervor. Trotz der 25°C Außentemperatur, die wir trotz der späten Uhrzeit messen, trägt sie eine pinke Daunenjacke, dazu schwarz-weiße Stiefel mit Rehntiermuster am Schaft, einen Schal aus totem Tier und zu allem Überfluss fluffige, rosafarbene Ohrschützer auf dem Kopf. Im Arm trägt sie einen überdemensionierten Teddybär. Ein kleines Mädchen drückt sich am Schalter die Nase an der Scheibe platt und schaut dem Plüschtier sehnsüchtig hinterer.
Mehrere Scheiche in ihren weißen Gewändern und den typischen Kopfbedeckungen eilen hektisch gestikulierend vorbei. Ihnen auf dem Fuße folgt ein kleines indisches Mädchen, das sich wohl im Eifer des Gefechtes losgerissen hat – kurz dahinter rennen Ihre Eltern, um den kleinen Ausreißer wieder einzufangen – sie quitscht vergnügt, als ihr Vater sie eingeholt hat und lachend herumwirbelt.
Im Hintergrund der Halle kann ich das leise Plätschern des Wasserfalls hören, der an einer riesigen Scheibe herunterläuft und für etwas Bewegung in der Luft sorgt.
Dann reißt mich mein Handy aus den Gedanken, meine Eltern sitzen mit einem Glas Rotwein vor dem Computer und warten auf weitere Nachrichten vom Ausländerkind. Also verlasse ich meinen Beobachtungsposten und mache mich auf den Weg zu meinem Gate, in der Hoffnung, dort ein funktionierenden WLAN Netz zu finden.